Montag, 30. März 2009

Ist "Wissen" gut? Ah! Ja.

Ja Welt, ich muss dir sagen, dass es schon etwas Gutes hat bestimmte Dinge zu wissen, oder?

Ich weiß zum Beispiel, dass ich demnächst meine Chemotherapien beginnen werde. Und zwar mit einem Präparat (Yondelis), das ziemlich neu ist (Zulassung 2007).

Hier ein öffentlich zugänglicher Bericht über Yondelis der European Medicines Agency
Gewonnen aus der Maritimen Seescheide, oder so. Wenngleich ich nach dem Film "Fluch der Karibik 2" nicht alles "Aus dem Meer - kommende" uneingeschränkt für gut erachte (siehe Bild), starte ich zuversichtlich. Über die eventuellen Nebenwirkungen werde ich vermutlich an dieser Stelle noch schreiben.

Außerdem weiß ich, dass es ab morgen hoffentlich keine Geheimnisse mehr in meinem Körper gibt.
Mal sehen was "wir" da finden - in mir. Ich werde also "in mich gehen" - also gehen lassen, quasi. Wie gesagt: Auf die inneren Werte kommt es ja angeblich an.

Und das ist auch nicht so schlecht, weil die Fassade von "da Baustö" hat ja teilweise schon erheblich gelitten. Der Dachschaden war schon und auch das Dachgeschoß muss so akzeptiert werden, aber die Stockwerke darunter ...

... wenigstens die Hauptleitung in der Mitte ;-) ... naja lassen wir das ...

... und zum "Wissen" muss ich sagen: Schlecht is net.



Euer MP (Laienmediziner f. Onkologie, Thoraxchirurgie und Orthopädie)


PS: und wir Eltern wissen, dass das Wissen "Ah!" macht.


Freitag, 20. März 2009

Von wegen "der Vergleich macht sie sicher"?

Als ersten Punkt möchte ich heute wieder auf alle eingehen, die hier, in welcher Form auch immer, erwähnt werden oder das annehmen und sich dadurch gestört fühlen. Ich möchte niemandem zu nahe treten oder jemanden schlecht machen, Geheimnisse preisgeben oder tragische Vorkommnisse ins Lächerliche ziehen:

Bitte kontaktiert mich, wenn ich "daneben gegriffen" habe - und ich werde, falls nötig, etwas ändern.

Das ist mir ein besonderes Anliegen, da ich heute durchaus auch über die Geschichten anderer Menschen erzähle, die mich in meinem Leben, wenn auch nur für ein sehr kurzes Stück begleitet haben. Warum das wichtig ist? Weil man beginnt sein Leben zu analysieren, wenn man Zeit dafür hat. Und man beginnt, wie immer in der Natur, zu vergleichen. Man beginnt abzuwägen und zu relativieren - in irgendeiner Form.
Meine Situation ist, naja sagen wir einmal, ungünstig. Vor allem wenn man langfristige Planungen vorhätte. Vorsichtig formuliert gestehe ich, dass ich mir jetzt (!!!) keine Gedanken um meine Pension mache, oder wen ich zu meinem 80sten Geburtstag einlade. Allzu langfristiges Denken erscheint mir momentan von zu vielen Faktoren beeinflusst. Außerdem verschieben sich auch die unterschiedlichen Therapieansätze, in ihrer Art, Startzeit und Dauer - zu viele Variablen um sich jetzt auf eine fixe Sommerplanung einzulassen. Das nervt, langweilt, ängstigt, ...
Man beginnt also zu vergleichen. Man vergleicht mit anderen Schicksalen. Mit dem anderer Krebspatienten - ein 17- jähriger, den ich bei meinen ersten Chemotherapien kennenl ernte, eine Bekannte aus dem Familienumfeld - beide hatten sehr ähnliche Diagnosen wie ich (Sarkome), haben den Kampf verloren. Ein Mitpatient bei eine meiner Lungen - OPs ist vermutlich nicht mehr am Leben, denn ich habe ihn zuletzt vor einem knappen Jahr getroffen (Lungenkrebs und Tumore im Gehirn) und habe seither nichts mehr von ihm gehört. Mein Schwager und viele, viele andere ... Ich weiß, dass jetzt viele aufschreien werden: "Bei dir ist das anders." , "Aber du schaffst das.", "Andere Krebsarten" ... Ja schon klar ... aber man vergleicht.

SO gesehen geht es mir ja ganz gut.
Auch verglichen mit - und ich bitte um Nachsicht - den Kolleginnen (leider wirklich Mehrzahl) deren Männer sehr unvermittelt und natürlich zu früh verstarben bzw. mit deren Hinterbliebenen - es tut mir wirklich unsagbar leid. Trotz allem bin ich jetzt so froh, dass ich eine Familie habe und sie erleben darf.
Denke ich an die Kinder, die ich jetzt in der Onkologie kennenlernte (8 bzw. 11), könnte ich zum Heulen anfangen, wenn ich sehe, wie selbstverständlich die leben ... und kämpfen.
Man vergleicht auch mit Leuten, die schwere Unfälle hatten oder einen Schlaganfall. Wenn man Menschen kennt, die seit Monaten an ihrer Rehabilitation hart arbeiten und die grundlegendsten Dinge lernen müssen - essen, sprechen, bewegen, gehen, ... - dann ist man einfach versucht ...

NEIN - man kann Menschenleben nicht mit einander vergleichen.
Wir alle können von einander lernen! Ich habe größte Hochachtung vor Menschen, die es schaffen über Monate oder Jahre hinweg ihren Mut nicht zu verlieren. Ich versuche auch in diese Richtung zu gehen. Und da ist es egal ob man von einem Ereignis (z.B.: Unfall, oder plötzliche Erkrankung) weg arbeitet oder durch ein eventuell chronisches Leiden hindurch.
Was mich an meiner Situation stört ist, dass es keine Prognose gibt. Kein: "Sie tragen jetzt 8 Wochen diesen Gips und dann ist das wieder gut."
Die anderen Ärzte und ich, wir haben keine Ahnung in welchem zeitlichen Rahmen wir uns bewegen. Und da fallen Durchhalteparolen etwas schwer.
Andererseits bin ich jetzt erst (oder schon) seit knapp vier Jahren Mitglied in dieser Abteilung - andere spielen das über Jahrzehnte oder leiden ihr ganzes Leben an Schmerzen.

Mein Gefühlsleben gleicht momentan einer Fahrt auf einer Achterbahn.
Ich denke also immer wieder über mein Leben nach. Ich ärgere mich, dass ich seit Wochen nicht mit meinem Auto fahren kann, freue mich über das gute FruFru und wundere mich über das Comeback von "New Kids on the Block" bzw. über die Realitätsverweigerung mancher Leute. Hallo? NEW ?? Kids ??? - Saufen die alle heimlich?
Obwohl, sooo schlecht waren die damals nicht - auch wenn 's keiner zugibt.
Macht auf jeden Fall Spaß, dass wieder mal zu sehen.



Euer MP (Laienmediziner f. Onkologie, Thoraxchirurgie und Orthopädie)



Montag, 16. März 2009

Ja super ... und jetzt ?!? Fru- Fru!


Tja Welt, so ist das mit den Zielen. Hat man eines erreicht freut man sich. Und dann?
Dann kann es schon sein, dass Orientierungslosigkeit Einzug hält in das Leben in der neu erlangten "Freiheit". Seit heute, darf ich wochentags in der früh liegen bleiben. Ich habe mich jetzt 10 Tage nicht gemeldet, da ich nicht genau weiß, wie groß die Freude jetzt wirklich ist. Klar bin ich froh, dass die Strahlentherapie zu Ende ist. Klar bin ich froh, dass es keine Weltrekordversuche im "in welcher Ambulanz warte ich am Längsten" gibt, aber was kommt jetzt?

Übrigens war nach dem letzten Rekord am Donnerstag (siehe letzter Eintrag) am Freitag gleich ein neuer, allerdings sehr positiver.
08:00 Abholung
09:00 Ankunft AKH
10:05 Ankunft zu Hause !!!!
Ein Wahnsinn! Die letzte Woche war dann "durchwachsen", aber in Ordnung.

Und was kommt jetzt?
Untersuchungen, Chemotherapien, Untersuchungen, Operation(en) ?, Untersuchungen ???
Weitere Termine werden weitere Termine bringen. Ah geh? Echt?
Soll heißen, dass ich am 25. wieder mit einem Onkologen besprechen werde, wie der Zeitplan bezüglich meiner Chemotherapien genau aussehen wird. Und am 31. wird ein PET/ CT an mir durchgeführt. Es wird also jeder Millimeter von mir durchsucht. Vom Scheitel bis zur Sohle quasi. Jaja - auf die inneren Werte kommt es an. Da soll mir noch einer vorwerfen, ich sei oberflächlich. Ich habe allerdings auch das beklemmende Gefühl, dass die Wahrscheinlichkeit etwas Neues zu finden natürlich mit der Intensität der Suche zunimmt. "Wer suchet, der findet" also? Naja drei Kandidaten kennen wir ja schon (Hüfte, Lunge und Leber) - reicht aber eigentlich, oder?
Ungewissheit ist scheiße! Manchmal!

Das Wichtigste scheint mir aber momentan doch die Regeneration. Ruhe also. Und das mir - seit Ende September 2008 (also seit fast einem halben Jahr) kann ich keinen Sport mehr machen. Körperliche Höchstleistungen vollbringe ich momentan wenn ich meinen Körper ("De Baustö") in die Badewanne wuchte um dort zu duschen - was im Übrigen auch einen letzten verbliebenen Luxus in Sachen Wellness oder so darstellt. In der Sauna war ich ja seit 2004 nicht mehr. Darf ich auch nicht mehr.

Apropos Ziele - ein neues wäre zum Beispiel:
endlich wieder selbst Auto fahren, Rad fahren, gehen (hatschen zählt nicht), schwimmen, ...

... aber eigentlich geht's mir auch nicht soooo schlecht - Vergleiche, die man nicht ziehen sollte folgen demnächst.


Euer MP (Laienmediziner f. Onkologie, Thoraxchirurgie und Orthopädie)

PS: große Freude erlangte mich auch als meine Frau mir ein "Fru- Fru- wie damals" mitbrachte. Wer braucht schon gerührte Sauermilch? Oder wie sieht das der Rest der Welt? Und du, Eva?

Donnerstag, 5. März 2009

Ich bin Buddhist

Liebe Leser,

Mal wieder sitze ich wartend im AKH und trainiere die Gelassenheit. Ich sitze hier wartend und tippe diesen Text in mein Handy (ich steh auf diese Technik- Gimmicks) - und warte.
Ich glaube ich bin Buddhist. Ungeachtet dessen, dass sich das natürlich nicht auf die Gelassenheit reduzieren lässt, bin ich der festen Überzeugung, dass sie derweil Antistresspräparate aus meinem Blut extrahieren werden. So ich meinen Körper (vulgo "De Baustö") der Wissenschaft überlasse. Das habe ich aber nicht vor, da dürfen jetzt schon zu viele mitspielen. Zu viele Menschen, die ich viel zu wenig kenne, legen an mir Hand an. Und noch dazu an Stellen, die wirklich nur medizinisch Sinn machen - nix mit Mythen und unerfüllten Männerphantasien über Schwestern, Ärztinnen etc. Jaja ich weiß, da kommt das Machoschwein durch - ich entschuldige mich ... auch gleich im Voraus für das was ich da noch schreibe.
Zum Status:
Die letzte Woche der Strahlentherapie beginnt und das passt soweit. Einzig mein Port-a-cath (PAC), dieses Implantat, dass subkutan einen dauernden Zugang zu meinen Venen herstellt, der PAC also macht Probleme. Ich habe das nicht eben sehr erquickende Gefühl dieses Schläucherl in meiner Vene nahe am Herzen zu spüren. Und es gäbe wirklich andere Dinge, die mir eigentlich am Herzen lägen (der Konjunktiv hat schon was). Ich weiß noch nicht genau ob das alles so sein soll. Ich weiß auch nicht ob die Zustände die mich am Wochenende ereilten (es ging mir teilweise besc... eher nicht so gut) hauptsächlich psychisch bedingt waren. Ich weiß nur, dass was ich schon letztens versprechen durfte: Ich warte.
Am Montag 2 Std. liegend, da mein Kreislauf fast den Dienst verweigerte; am Dienstag 2,5 Std. auf ein weiteres Arztgespräch und heute (jetzt) seit fast 4 Std. auf das Ziehen der Nähte und eine kleine Fragestunde mit einem Chirurgen. Ich warte. Ich bin Buddhist. In meinem nächsten Leben werde ich wieder hektisch. Als Weinbergschnecke zum Beispiel oder als Kontinentalplatte. Ich warte.
Ehrlicherweise muss man natürlich schon sagen, dass die Ärzte hier sicher höllisch viel arbeiten. Es ist nur zu viel los. Außerdem, denke ich, sammelt sich hier in dieser Ambulanz alles, was irgendwie "beoperiert" gehört - vom eingewachsenen Zehennagel bis zur Ersatzleber oder künstlichen Herzklappe.
"Hab'n die kein Zuhause, ich will zu Dir" (H. Grönemeyer)
Naja however ... ich warte ... Ich bin Buddhist - nein- eigentlich Lehrer. Und da soll noch einer behaupten, wir arbeiten nix. Irgendwann bin ich dann hoffentlich wieder daheim und kann den Text auf den Computer übertragen, aber vorher geh ich auf 's Klo. Wie gesagt ich warte schon ein bissi.


Euer MP (Laienmediziner f. Onkologie, Thoraxchirurgie und Orthopädie)

Nachtrag:
10:00 Anmeldung in der Ambulanz
14:40 aufgerufen - ab in eine Kabine (nach über 4,5 Std!!!)
15:10 fertig - Transport wird bestellt
16:10 RK Wien kommt
16:25 nach 15 min Bürokratie Abfahrt
17:45 Ankunft zu Hause (Abfahrt war um 08:00)

DANKE